„…DASS ES SEHR VIELE LEUTE GIBT, DIE SICH UNTERDRÜCKEN LASSEN UND DAS NICHT SAGEN.“
Maurice: Mein Name ist Maurice Janich. Ich bin Pädagoge und Visualisierungstherapeut. Ich arbeite mit Kindern und Jugendlichen und ich habe es mir in der Coronazeit zur Aufgabe gemacht, Kindern eine Stimme zu geben und sie zum Thema Maske tragen in der Schule zu interviewen, ihre Gedanken und ihre Gefühle zu erfragen und heute freue ich mich, dass ich die 14-jährige Carlotta bei mir habe. Herzlich willkommen liebe Carlotta.
Carlotta: Hallo.
Maurice: Carlotta, die 1. Frage, die ich an dich hätte, wäre:
Wann musst du denn in der Schule die Maske tragen?
Carlotta: Also jetzt nach den Herbstferien ist es so, dass wir die den ganzen Tag tragen müssen.
Maurice: Mhm, ok, d.h., du gehst morgens aus dem Haus, steigst in den Bus ein, musst die Maske tragen, steigst aus dem Bus aus. Dann lohnt es sich quasi nicht mehr sie abzusetzen.
Carlotta: Richtig, allerdings, das Schulgelände ist vom Platz wo wir vom Bus aussteigen bis zur Schule, dürfen wir selbst da nicht die Maske abziehen.
Maurice: Oh, ok, wer hat das so angeordnet?
Carlotta: Unsere Schuldirektorin.
Maurice: Mhm. Hast du schon mitbekommen, dass das auch kontrolliert wird eventuell?
Carlotta: Mir wurde zwischendurch, als ich die mal nicht an hatte, gesagt, dass ich sie bitte anziehen soll.
Maurice: Mhm. Von wem?
Carlotta: Von Lehrern aus unserer Schule.
Maurice: Ok. Den hast du unterwegs getroffen oder hat der dir das in der Schule gesagt?
Carlotta: Ja, der kam gerade aus seinem Auto und hat mir das gesagt als er selbst hochgegangen ist.
Maurice: Ok, verstehe. Also trägst du die Maske sobald du in den Bus einsteigst für den ganzen Tag bis du wieder nach Hause kommst, quasi aus dem Bus aussteigst?
Carlotta: Genau.
Maurice: Ok. Wie viele Stunden Schule hast du so im Durchschnitt?
Carlotta: 6 Stunden.
Maurice: Carlotta, welche Gedanken und welche Gefühle entstehen in dir, wenn du die Maske trägst?
Carlotta: Also ich habe den Gedanken, dass ich die Maske nicht ausziehen kann und dadurch hyperventiliere, bzw. denke ich auch, dass ich keine Luft mehr bekomme und sie dann eben nicht abziehen darf.
Maurice: Mhm. Du hast gesagt, du hyperventilierst.
Carlotta: Ich atme einfach viel schneller als normalerweise und habe ein Gefühl der Enge.
Maurice: Ein Gefühl der Enge, ok. Kannst du sonst noch irgendwas feststellen? Irgendwelche anderen Symptome, die du vorher nicht hattest?
Carlotta: Dadurch bekomme ich halt viel schneller Kopfschmerzen.
Maurice: Das ist ja schon völlig ausreichend. Das ist schlimm genug, dass das passiert.
Wie fühlst du dich, wenn du die anderen Kinder und Jugendliche und vielleicht auch Erwachsene mit der Maske siehst? Welche Gedanken, welche Gefühle entstehen da in dir?
Carlotta: Dass es ja eigentlich nicht wirklich zumutbar ist, dass man die tragen kann und ich denke, wie kann man das überhaupt so wirklich aushalten, wenn ich sehe, was ich für Probleme mit der Maske haben.
Maurice: Haben dir Mitschüler berichtet, dass sie ähnliche Probleme haben?
Carlotta: Bisher war da nur einer, der dadurch auch öfters Kopfschmerzen bekommen hat.
Maurice: Hast du dich mit den anderen denn wirklich mal unterhalten?
Carlotta: Nicht so wirklich.
Maurice: Mhm. Vielleicht wäre das mal herauszufinden, ob es den anderen genauso geht, dass du dich mit denen mal unterhältst.
Carlotta: Ja.
Maurice: Gut, wenn du dich nicht so wirklich mit den anderen unterhalten hast, aber vielleicht weißt du es trotzdem: Wie stehen denn die anderen zum Thema Maske und Maßnahmen? Sind die da kritisch oder finden die das gut?
Carlotta: Also ich kann ihre persönliche Meinung nicht wissen, weil ich nicht wirklich mit ihnen reden, aber ich habe nicht mitbekommen, dass sie sich da irgendwie schlimm geäußert haben sollen. Die machen es halt einfach.
Maurice: Ok. Hast du das Gefühl, da steckt ein Grund dahinter, warum sie sich nicht äußern?
Carlotta: Habe ich nicht. Ich denke einfach, dass sie das machen, weil es ihnen eh nicht schadet und dann kann man das ja machen.
Maurice: Verstehe. Was haben eure Lehrer gesagt? Gibt es bei euch Gesprächsrunden zum Thema Corona? Gibt’s da Diskussionsrunden? Bekommt ihr Informationen?
Carlotta: Also eine Zeit lang hatte unsere Schuldirektorin Aussagen gemacht wegen den Infektionszahlen und dass wir da immer aufpassen müssen und zwischendurch machten Lehrer Bemerkungen dazu, wo ich mir dachte, das passt nicht so gut.
Maurice: D.h., euch werden die Infektionszahlen präsentiert, die auch im Fernsehen präsentiert werden?
Carlotta: Ich weiß nicht woher die das haben, aber irgendwoher hatten die das, von der Webseite oder sonstiges, das kann ich nicht genau sagen und ich weiß auch nicht, ob das nun wirklich gemacht wird. Wir hatten lange Zeit keine mehr.
Maurice: Ok. Haben sie die Infektionszahlen in irgendein Verhältnis gesetzt oder sie einfach genannt und damit war das Thema erledigt?
Carlotta: Das kann ich jetzt nicht genau sagen. Ich habe mir das nicht wirklich angehört, weil mich das nur noch aufgeregt hat, wie die das gesagt hat.
Maurice: Ja, ok. Vielleicht willst du kurz sagen, wie sie es gesagt hat?
Carlotta: Sie meinte, dass wir aufpassen müssen, dass sie gestiegen sind und hat die Zahlen genannt, auch von Nachbarländern. Das war auf jeden Fall bei einer, die meinte, dass es nicht nur Ältere schädigt, sondern auch wir jüngeren Leute aufpassen müssen und, dass es unsere Verantwortung ist, was da passiert.
Maurice: Hat sie das sachlich getan oder war das ein emotionaler Vortrag?
Carlotta: Nee, tatsächlich hat sie das ziemlich sachlich gemacht.
Maurice: Ok. Wo bekommst du deine Informationen bezüglich Corona? Informierst du dich da selbst?
Carlotta: Ich informiere mich nicht wirklich viel, aber ich bekomme auch einiges mit, wenn meine Eltern darüber reden.
Maurice: Und sprecht ihr dann auch gemeinsam darüber?
Carlotta: Zwischendurch haben wir auch mal eine Runde und dann kommt das Thema auf.
Maurice: Ok, verstehe. Hast du Angst vor Corona, dich mit dem tödlichen Killervirus anzustecken?
Carlotta: Nee, habe ich überhaupt nicht.
Maurice: Ok, darf ich fragen warum nicht?
Carlotta: Weil ich nicht denke, dass es wirklich so schädlich ist und wenn man sich selbst etwas zurücknimmt und bisschen auf die Gesundheit achtet, dass dann nicht wirklich viel passieren kann.
Maurice: Ja. Woher weißt du, dass das nicht so schlimm ist?
Carlotta: Das weiß ich gar nicht, das vermute ich einfach.
Maurice: Ein Bauchgefühl?
Carlotta: Ja.
Maurice: Prima, ok. Ich würde dir empfehlen, dass du dir den einen oder anderen Artikel durchliest oder mit der Mama gemeinsam, darüber sprecht und auch mal diese Infektionszahlen ins Verhältnis setzt und überprüft, damit du entweder dein Bauchgefühl bestätigen oder revidieren kannst.
Carlotta: Ja.
Maurice: Also ich glaube, du brauchst dir keine Sorgen machen. Ich gehe davon aus, dass du ein ganz gutes Bauchgefühl hast. Aber mach das mal. Dann kriegst du noch mal eine Bestätigung und ich bin mir sicher, das wird dir auch helfen.
Carlotta: Ja.
Maurice: Carlotta, würdest du die Maske tragen, wenn es nicht vorgeschrieben wäre?
Carlotta: Tatsächlich nicht.
Maurice: Würdest du zur Zeit lieber zu Hause bleiben und Homeschooling in Anspruch nehmen oder weiterhin zur Schule gehen so wie es jetzt ist?
Carlotta: Also ich würde lieber Homeschooling in Anspruch nehmen.
Maurice: Hast du einen Wunsch in Bezug auf Corona oder auch einen allgemeinen Wunsch an die Zukunft?
Carlotta: Also bezüglich Corona: Dass es mehr Leute gibt, die denken, dass es so nicht weitergehen kann, dass man Kindern, die sowieso schon ein Problem haben, kein Attest oder sonstiges ausstellen darf – so haben wir das momentan – und die dann trotzdem in die Schule gehen müssen, trotz Problemen.
Maurice: Ja, das finde ich persönlich auch ganz schlimm und da bin ich voll auf deiner Seite. Das muss sich unbedingt ganz schnell ändern.
Carlotta, hast du noch irgendetwas zu berichten? Vielleicht ein Ereignis aus den letzten Wochen, Monaten oder vielleicht auch ein Wort, das du an alle Kinder, Jugendlichen oder auch Erwachsenen richten möchtest, die das Interview hören?
Carlotta: Also ich habe mich ganz lange Zeit nicht getraut dagegen was zu sagen oder sonstiges und ich denke, da sollte man wirklich was machen und sich nicht verstecken, sondern sagen: So geht das nicht weiter!
Maurice: Ok, man sollte mutig sein und seine Meinung sagen.
Carlotta: Ja.
Maurice: Und das können die anderen Menschen jetzt gerade nicht sehen: Du hast Tränen in den Augen.
Carlotta: Ein bisschen ja.
Maurice: Was macht dich wütend oder traurig?
Carlotta: Dass es sehr viele Leute gibt, die sich unterdrücken lassen und das nicht sagen.
Maurice: Carlotta, ich habe herausgehört, dass du lange nichts gesagt hast, aber jetzt stehst du auf und du sagst was.
Carlotta: Ich versuche es zumindest.
Maurice: Ja. In kleinen Schritten und du wirst merken, du wirst mutiger und mutiger. Du wirst dein Selbstbewusstsein jedes Mal ein bisschen stärken und ich finde es ganz toll, dass du so mutig bist und deine Komfortzone jedes Mal ein kleines Stück verlässt.
Du merkst ja, aus jeder Krise, auch wenn sie noch so schlimm ist, kann man persönliches Wachstum generieren, also du wirst stärker und deine Persönlichkeit reift. Und mit dem, was du gerade gesagt hast, machst du sicher ganz vielen anderen Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen Mut, denn du bist 14 und bist ein Riesenvorbild für ganz viele andere Menschen.
Carlotta, ich finde es total schön, dass du dich gemeldet hast und dass du den Mut gefunden hast, das Gespräch mit mir zu führen. Ich hoffe, dass du mal alles rauslassen konntest heute, was dir auf dem Herzen gelegen hat und danke dir erst mal ganz herzlich. Vielleicht schaust du, dass du mit der Mama noch mal sprichst und ihr einen Arzt konsultiert, der euch helfen kann, der euch vielleicht ein Attest besorgt und dann wünsche ich dir erst mal für die Zukunft alles Liebe und Gute.
Carlotta: Dankeschön.
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