"WENN WIR KEINE MASKE TRAGEN, WÄREN WIR SCHULD DARAN, DASS ALLE ANDEREN DANN KRANK WERDEN. ICH BIN AUCH DIE EINZIGE IN DER KLASSE, DIE KEINE MASKE TRÄGT."
Maurice: Mein Name ist Maurice Janich. Ich bin Pädagoge und Visualisierungstherapeut. Ich arbeite mit Kindern und Jugendlichen und ich habe es mir in der Coronazeit zur Aufgabe gemacht, Kindern eine Stimme zu geben und sie zum Thema Maske tragen in der Schule zu interviewen und heute freue ich mich, die 11-jährige Marie begrüßen zu dürfen. Hallo liebe Marie.
Marie: Hallo.
Maurice: Marie, geht’s dir gut?
Marie: Ja, soweit ganz gut.
Maurice: Sehr schön. Wie sieht’s denn aus bei dir in der Schule? Musst du da eine Maske tragen?
Marie: Ja, also am Anfange wurde uns gesagt, dass das ja noch keine Maskenpflicht ist, dass wir es freiwillig tun sollen, aber im Moment, wenn wir keine Maske tragen, werden die Lehrer sehr sauer irgendwie und bezeichnen uns als …
Wenn wir keine Maske tragen, wären wir schuld daran, dass alle anderen dann krank werden. Ich bin auch die Einzige in der Klasse, die keine Maske trägt. Und die Lehrer sind dann auch ein bisschen gemein und sagen, wenn andere krank werden, ist das meine Schuld.
Maurice: Hast du eine Maskenbefreiung?
Marie: Noch nicht, aber Mama hat beim Kinderarzt angerufen und ich kriege die jetzt bald, aber nur zur Hälfte, also ich darf sie nicht ganz abmachen. Also ich darf manchmal, wenn ich will, wenn es mir schlecht geht sie abmachen, aber nur zur Hälfte Befreiung.
Maurice: Ok verstehe. Woher nimmst du denn deinen Mut, weil das ist ja schon ein gewisser Druck, wenn man als Einzige in der Klasse sitzt ohne Maske und sogar die Lehrer sagen „Du bist schuld, wenn andere krank werden!“.
Marie: Ich finde es erstens nicht so gut eine Maske zu tragen, weil die schädigt ja auch und zweitens: Ich habe auch Migräne und ich kriege dann mega viele Kopfschmerzen, wenn ich die Maske oft trage und ich habe auch noch Panikattacken, also ich denke dann manchmal, dass ich keine Luft kriege und kriege dann Zitteranfälle und deshalb will ich die auch nicht tragen.
Maurice: Marie, umso besser, dass du mit der Mama, dass ihr zum Arzt gegangen seid, um dir ein Attest zu besorgen.
Marie: Ja.
Maurice: Wie gehen denn deine Mitschüler damit um, dass du keine Maske trägst?
Marie: Am Anfang … Es gibt einen Jungen in meiner Klasse. Der hat mir einen etwas böseren Blick zugeworfen. Aber sonst … Ich kriege schon ein paar bösere Blicke, aber sonst gehen die eigentlich ganz gut damit um.
Maurice: Gibt es auch positives Feedback seitens deiner Mitschüler?
Marie: Bis jetzt habe ich noch nichts gehört.
Maurice: Hat keiner gesagt „Wow! Das finde ich cool, dass du keine Maske trägst! Würde ich auch gerne machen, aber ich traue mich nicht.“?
Marie: Nö. Eine Freundin von mir hat zwar gesagt, wenn sie die Maske trägt, kriegt sie auch nicht so gut Luft und da habe ich gesagt, „Dann setze sie doch ab, so wie ich!“, aber sie hat Angst, dass sie dann Ärger von den Lehrern kriegt.
Maurice: Sie hat Angst, dass sie Ärger bekommt.
Marie: Ja.
Maurice: Wie ist das mit den anderen Schülern? Gibt es da einige, die die Maske auch absetzen wollen und haben auch Angst, dass sie Ärger bekommen?
Marie: Ja, so einige regen sich schon sehr auf und dann habe ich gesagt „Setze sie doch einfach ab!“, aber die Lehrer sagen immer wieder „Setzt die bitte auf, sonst seid ihr schuld, wenn andere krank sind!“ und die setzen sie dann einfach immer wieder auf.
Maurice: Also ich kann das ja nicht beurteilen, weil ich nicht in der Klasse sitze, aber ich kann mir vorstellen, dass das schon einen Druck in den Schülern auslöst und sie deswegen die Maske aufbehalten. Wie siehst du das?
Marie: Ja. Ich sehe es genauso, weil es wird in jedem Unterricht dasselbe gesagt „Setzt bitte eure Maske auf, sonst seid ihr schuld daran, wenn andere krank sind!“.
Maurice: Wie geht’s dir denn, wenn du die Menschen auf der Straße mit Maske siehst?
Welche Gedanken und welche Gefühle entstehen denn da in dir?
Marie: Ich finde es nicht gut, weil ich weiß, dass die Maske auch sehr schädigt und so. Und wenn ich andere Leute so auf der Straße sehe, denke ich mir auch nur so: Die müssen keine Angst haben. Die können einfach die Maske runtersetzen.
Maurice: Wie informierst du dich denn zum Thema Corona?
Marie: Übers Internet und auf Google und YouTube. Meistens erzählt meine Mama mir etwas darüber, was sie gehört hat. Also meistens über die Medien.
Maurice: Also du informierst dich selbst?
Marie: Manchmal schon. Eigentlich will ich mich nicht so richtig darüber informieren. Ich will meistens was anderes googeln oder so. Aber die ganze Startseite von Google oder so ist mit „Corona, Corona, Corona“ voll.
Maurice: Findest du es denn wichtig, dass man sich informiert?
Marie: Ich weiß nicht. Also man sollte sich schon ein bisschen informieren um zu wissen, ob die Läden schließen oder so, damit man ein bisschen Bescheid weiß. Aber so wichtig finde ich es eigentlich nicht.
Maurice: Dann sollte man sich also vor den Fernseher setzen und das glauben was da gesagt wird?
Marie: Nein. Das sollte man nicht.
Maurice: Ok, aber dann sollte man das doch auch überprüfen was da gesagt wird, oder?
Marie: Ja.
Maurice: Ok, also sollte man doch ein bisschen recherchieren?
Marie: Ja.
Maurice: Jetzt bist du natürlich noch sehr jung mit deinen 11 Jahren. Ich finde aber, du bist sehr aufgeweckt. Du hast auch schon gesagt, dass du ein bisschen was selbst nachschaust und den Rest von der Mama bekommst. Das finde ich ganz gut.
Marie: Ja.
Maurice: Sag mir mal, wie wie ist das bei euch in der Schule? Gibt’s denn dort Diskussionsrunden, wo ihr mit den Lehrern und den Schülern gemeinsam über das Thema Corona diskutiert?
Marie: Ja, also am Anfang als wir wieder in die Schule kamen, war ein sehr großes Thema darüber. Die Lehrer haben gefühlt jede Stunde darüber geredet, dass wir doch bitte die Masken aufsetzen sollen und dass wir Abstand halten sollen – 1,5 Meter.
Wir haben auch 2 Risikokinder in der Klasse und ich sitze auch neben einem und wir sollen zu denen auch mehr Abstand halten. Bei mir war es auch so, wo ich den ersten Tag keine Maske getragen habe, hat eine Lehrerin zu mir gesagt, ich soll Abstand zu ihr halten.
Ich wollte mir einmal ein Blatt holen und da hat sie mich angeschrien und gesagt, dass ich bitte Abstand halten soll, weil sonst wäre ich schuld, wenn sie krank wird.
Maurice: Wie hast du dich in dem Moment gefühlt?
Marie: Ich habe mich nicht gut gefühlt, weil eigentlich ist es dann gar nicht meine Schuld, wenn sie krank wird. Sie hat mich angeschrien und ich fand es gar nicht gut.
Maurice: Jetzt hast du gerade gesagt, die Lehrer haben euch erzählt, dass ihr die Maske tragen müsst usw.. Aber das ist ja mehr eine Anweisung als eine Diskussion, oder?
Marie: Ja.
Maurice: Also gab es nicht wirklich eine Diskussion wo ihr mal wirklich darüber gesprochen habt, wo ihr vielleicht mal gemeinsam Zahlen verglichen habt, wo die Lehrer euch versucht haben die Angst zu nehmen, euch aufzuklären wofür ihr eigentlich in der Schule seid?
Marie: Nicht so richtig. Wir haben eine Lehrerin, die hat uns auch berichtet wie die Zahlen im Moment sind und, dass es immer mehr Infektionen gibt. Also nicht so richtig.
Maurice: Hat sie auch darüber gesprochen, was das überhaupt bedeutet infiziert zu sein?
Marie: Nein, eigentlich auch nicht so richtig.
Maurice: Ok, also kann man zusammenfassend sagen, ihr werdet in der Schule nicht vernünftig informiert.
Marie: Ja.
Maurice: Das finde ich sehr bedenklich, weil eigentlich geht man in die Schule um informiert zu sein und auch, dass eure Lehrer für euch da sind und euch Angst nehmen.
Ich bin ja an vielen Schulen als Lehrer unterwegs gewesen und ich habe das immer gemacht und eigentlich als meine Aufgabe gesehen, die Kinder dort aufzuklären und ihnen auch Angst zu nehmen, wenn sie Angst haben.
Marie: Ja, meine Mutter hatte auch meine Lehrerin angerufen und hat ihr auch gesagt, dass ich nicht die Maske tragen soll und die Lehrerin hat die ganze Zeit versucht meine Mutter zu überreden.
Meine Mutter hat dann gesagt „Ich finde es trotzdem nicht gut, wenn meine Tochter eine Maske trägt und auch die anderen Kinder.“ und die Lehrerin hat trotzdem versucht sie weiter zu überreden.
Maurice: Marie, was wünschst du dir für die Zukunft?
Marie: Ich wünsche mir, dass nicht so viel Angst gemacht wird und dass auch aufgeklärt wird und, dass einfach die Menschen verstehen, dass nicht die Maske alles bewirkt. Also, man kann auch mit Maske krank werden.
Maurice: Marie, gibt’s noch etwas, was ich dich nicht gefragt habe, was du vielleicht gerne noch erzählen würdest? Eine Situation, ein Gedanke?
Marie: Ja und zwar, wir werden ja auch sehr oft angemacht von den Lehrern, aber ich finde es mega blöd, weil die Lehrer sagen „Es ist keine Pflicht.“, aber sie zwingen uns trotzdem sozusagen dazu.
Und die Lehrer gucken mich auch immer blöd an, weil ich keine Maske trage und sagen, dass ich meine Maske tragen soll. Dann sage ich, dass ich das nicht möchte und meine Mutter auch nicht. Dann fragen die mich immer „Bist du Risikopatient oder so?“. Ich sage auch immer, dass ich das nicht sagen möchte, weil das geht ja auch niemanden was an. Es gibt ja auch Privatsphäre.
Die werden dann also gemein und haben auch beim Telefonat meiner Mutter gesagt, dass ich als frech rüberkommen würde, weil ich die Maske nicht tragen möchte und, dass sie mein Verhalten nicht dulden werden, weil ich ja so frech rüberkomme.
Maurice: Warst du denn frech?
Marie: Nee, eigentlich nicht. Ich habe nur gesagt, dass ich die Maske nicht tragen möchte und meine Mutter das auch nicht will.
Maurice: Prima, also ich empfinde dich auch nicht als frech. Ich empfinde dich als sehr klar und du weißt, was du willst und du weißt, was du nicht willst und du hast den Mut, deine Meinung nach außen zu tragen. Das finde ich prima. Das solltest du unbedingt weiter so tun.
Vielleicht guckst du mal in den nächsten Tagen, wenn ein Lehrer auf dich zukommt und das gleiche Szenario wiederholt sich noch mal und du ihm antwortest, dass du keine Auskunft geben möchtest, dass du die Maske nicht aufsetzen möchtest, dann kannst du dich selbst mal beobachten und kannst mal schauen, ob du vielleicht doch etwas bei dir findest, wo dein Gegenüber vielleicht denken könnte, die ist zickig.
Vielleicht kannst du es noch ein bisschen ruhiger sagen, vielleicht ein bisschen netter, wer weiß. Du kannst dich ja einfach mal beobachten und gucken.
Marie: Ja.
Maurice: Super. Liebe Marie, ich freue mich immer wieder, so aufgeweckt und intelligente Kinder bei mir zu haben und ich finde, du bist eine davon mit deinen 11 Jahren.
Marie: Dankeschön.
Maurice: Mach unbedingt weiter so. Vielleicht noch eine Frage ganz zum Schluss: Wie hat dir das hier gefallen, dass man dich mal nach deiner Meinung gefragt hat und dass du etwas erzählen konntest?
Marie: Ich finde das sehr gut, weil, wenn das andere Leute anschauen, verstehen sie vielleicht auch wie es uns Kindern geht und auch allgemein die anderen. Also ich fand es sehr gut darüber zu sprechen.
Maurice: Sehr schön. Marie, dann wünsche ich dir für die Zukunft erst mal alles Liebe und Gute und ich drücke dir die Daumen, dass das ganz schnell wieder vorbei ist.
Marie: Ja. Danke.
Maurice: Mach’s gut!
Marie: Tschüss.
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