"ALSO ICH HABE AUF JEDEN FALL KEINE ANGST VOR DEM CORONA VIRUS."
Maurice: Mein Name ist Maurice Janich, ich bin Pädagoge und Visualisierungstherapeut. Ich habe mich spezialisiert auf die Arbeit mit Kindern und deren Eltern und ich habe es mir in der Corona-Zeit zur Aufgabe gemacht, Kindern eine Stimme zu geben, und heute darf ich ganz herzlich begrüßen eine 12-Jährige Schülerin, die die 7. Klasse eines Gymnasiums in NRW besucht. Sie heißt heute für dieses Interview Vanessa. Herzlich willkommen, liebe Vanessa.
Vanessa: Hallo.
Maurice: Vanessa, noch einmal vielen Dank, dass du dich bereit erklärt hast, das Interview mit mir zu führen. Wir starten gleich sofort mit der ersten Frage: Wann musst du denn in der Schule die Maske tragen?
Vanessa: Also ich muss die Maske tragen, sobald ich das Schulgebäude betrete, den ganzen Unterricht über. Wenn ich halt mal was essen und trinken möchte, dann darf ich das nur in den 5-Minuten-Pausen oder in den großen Pausen. Aber dafür muss ich halt auch immer auf den Schulhof gehen und dann, sobald ich auf dem Schulhof bin und genug Abstand zu allen anderen Personen habe, dann ganz kurz die Maske abnehmen, um etwas zu trinken oder etwas zu essen.
Maurice: Jetzt berichtest du gerade davon, dass du im Klassenunterricht die Maske tragen musst und ich weiß aber, dass in NRW’s Schulen die Maskenpflicht innerhalb des Unterrichts aufgehoben wurde. Kannst du dazu etwas erzählen? Warum musst du weiterhin die Maske im Unterricht tragen?
Vanessa: Also, unsere Schuldirektorin hat in diesem Fall von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht, und zwar konnte sie selber entscheiden, ob an ihrer Schule weiterhin die Masken im Unterricht getragen werden sollen oder halt auch nicht. Inzwischen ist es aber wieder so geregelt, dass alle Schüler, die im Unterricht die Maske abnehmen wollen, dass sie sich nach ganz hinten in die letzte Reihe setzten müssen. Es muss sicher sein, dass sie 2 Meter Abstand zu ihren Mitschülern haben und nur dann dürfen sie halt die Maske im Unterricht abnehmen.
Maurice: Und bist du die Einzige, die die Maske im Unterricht abnimmt oder gibt’s da mehrere Kinder?
Vanessa: Ich habe das mit meiner Freundin gemacht, weil ich auch alleine das nicht machen wollte, weil mir das zu unangenehm war. Ich wollte jetzt nicht ganz hinten, ganz alleine sitzen mit 2 Meter Abstand zum Rest und deshalb haben wir das zusammen gemacht.
Maurice: Was für ein Gefühl ist denn in dir entstanden? Alleine an den Gedanken, dass du dich alleine nach hinten setzen musst, ganz allein?
Vanessa: Also ich habe ein bisschen Angst bekommen, weil ich hatte halt Angst, dass ich nicht mehr so gut mitmachen kann im Unterricht oder dass ich halt nicht mehr so gut aufpassen kann oder dass ich vor allem auch von den Lehrern irgendwie keine Aufmerksamkeit bekomme oder dass sie es respektlos von mir finden, dass ich die Maske abnehmen möchte.
Maurice: Und Vanessa erzähl mal, welche Gedanken und Gefühle entstehen denn in dir, wenn du die Maske trägst?
Vanessa: Also es nervt auf jeden Fall, ich bekomme Kopfschmerzen, mir wird schwindelig, auch manchmal ein bisschen übel und man kann sich halt nicht so gut konzentrieren.
Maurice: Also Symptome, die du gerade nennst, sind Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit und Konzentrationsschwierigkeiten. Habe ich das richtig verstanden?
Vanessa: Ja
Maurice: Jetzt switchen wir nochmal zurück zur Frage zuvor. Wie reagieren denn andere Schüler auf dich, wenn du mit deiner Freundin, wenn ihr beiden die Einzigen seid, die keine tragen? Sagen deine Mitschüler etwas dazu?
Vanessa: Ja, also viele sagen, dass sie es respektlos finden von uns und dann werden darüber aber auch ganz viele Späße gemacht und es wird halt nie wirklich ernst genommen, wenn man sich nach hinten setzt, dass man halt auch wirklich teilweise einen ernsten Grund dafür hat.
Maurice: Und warum trägst du die Maske z.B. auf dem Flur und auf dem Schulhof, wo es vorgeschrieben ist? Aus welchen Gründen trägst du die da?
Vanessa: Weil ich Angst habe, dass ich dafür bestraft werde, weil es sind ja teilweise auch hohe Geldstrafen, die man dafür bezahlen muss, wenn man sich nicht an die Vorschriften hält.
Maurice: Okay, es ist also auf jeden Fall die Angst vor Bestrafung. Und wie sieht’s mit der Angst vor dem Virus aus? Hast du Angst vor dem Virus?
Vanessa: Also ich habe auf jeden Fall keine Angst vor dem Coronavirus.
Maurice: Woher beziehst du eigentlich deine Informationen bezüglich Corona?
Vanessa: Also meine Mutter sagt, dass ich mit ihr einmal am Tag mindestens die Nachrichten schauen muss, damit ich darüber halt Informationen über Corona bekomme, aber ich recherchiere auch ganz viel selbst im Internet, damit ich mir halt eine eigene Meinung zu Corona bilden kann und nicht immer nur das mitbekomme, was andere über den Coronavirus denken.
Maurice: Jetzt haben mir einige Menschen mitgeteilt, dass es sehr ungewöhnlich ist, dass eine 12-Jährige sich selbstständig im Internet informiert und dort recherchiert. Bist du die Einzige, die das macht oder hast du vielleicht Freunde und Freundinnen in deinem Alter, die das auch tun oder vielleicht sogar jüngere Menschen in deinem Kreis, die das tun?
Vanessa: Also ich glaube auf jeden Fall nicht, dass ich die Einzige bin. Auch viele von meinen Freunden recherchieren selbst im Internet, auch welche aus tieferen Stufen, von denen ich das so mitbekommen habe, mit denen ich Kontakt habe. Ich bin definitiv nicht die Einzige.
Maurice: Okay, und wie wichtig findest du das, dass man selbstständig recherchiert und sich informiert?
Vanessa: Also eigentlich finde ich das sehr wichtig, weil man sollte sich seine eigene Meinung zu dem Coronavirus bilden und nicht immer nur auf das hören, was andere sagen.
Maurice: Gibt es für dich einen Unterschied zu den Berichten im Fernsehen und das, was du im Internet sehen und lesen kannst bezüglich der Darstellung der Zahlen?
Vanessa: Da habe ich jetzt keinen großen Unterschied… im Internet sind da halt auf jeden Fall noch Artikel von Menschen, die teilweise so wie ich denken, dass sie jetzt nicht so viel Angst vor Corona haben und halt auch aus deren Sicht… und dann sind da z. B. auch Tabellen mit Übersichten, wieviele Corona-Zahlen es gibt und dann aber vor allem auch, wieviele Grippe-Zahlen es dann eben teilweise gab und darüber bilde ich mir vor allem auch meine eigene Meinung.
Maurice: Und diese Zahlen und diese Tabellen, von denen du gerade berichtet hast, die du ja von alternativen Medien bekommst, werden die im Fernsehen auch so präsentiert?
Vanessa: Nein, von dem wird im Fernsehen nichts gesagt, also im Fernsehen wird immer nur gesagt, wie gefährlich der Coronavirus ist und dass man sich davor schützen sollte.
Maurice: Was sagen deine Eltern denn zum Thema Corona?
Vanessa: Also meine Eltern haben schon Respekt vor Corona. Sie halten sich aber vor allem auch nur an die Maßnahmen, weil sie damit andere Menschen schützen wollen, weil sie Angst haben, dass sie am Ende daran schuld sind, dass es anderen Menschen nicht so gut geht oder dass sie halt Bestrafung bekommen dafür.
Maurice: Und recherchieren deine Eltern auch selbstständig im Internet oder gucken deine Eltern eher Fernsehen?
Vanessa: Also meine Eltern gucken eigentlich eher nur die Nachrichten im Fernsehen.
Maurice: Ja liebe Vanessa, hast du noch irgendetwas hinzuzufügen, was du als wichtig erachtest?
Vanessa: Also ich finde es auf jeden Fall wichtig, dass sich jeder seine eigene Meinung zu Corona bildet und nicht immer nur darauf hört, was über Corona gesagt wird von anderen Menschen, die Angst vor Corona haben. Und auch, dass man sich traut, was gegen Corona zu sagen. Man sollte sich halt trauen, z. B. im Unterricht die Maske abzunehmen, sich nach hinten zu setzten, wenn es einem z. B. nicht gut geht damit, wenn man die Maske trägt. Das finde ich halt einfach am wichtigsten.
Maurice: Also könnte man zusammenfassend sagen, dass die Menschen mehr Mut haben dürfen und dass sie sich besser und selbstständig informieren sollten?
Vanessa: Ja
Maurice: Prima. Liebe Vanessa, ich danke dir von ganzem Herzen für dieses tolle, inspirierende Interview mit dir und für deine Zeit und wünsche dir alles alles Liebe und Gute.
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